Deklaration von Brüssel: Auf dem Weg zu einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung
Eingedenk und in Bestätigung
- des "Aufrufes zur Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen", April 2007,
- der "Schlussfolgerungen der Kampagne für ein UN-Parlament zu verschiedenen politischen Standpunkten", November 2007,
- der Stellungnahme der Kampagne bezogen auf "Die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei der UNO und die Inter-Parlamentarische Union", November 2008,
- des "Aufrufes für eine globale demokratische Beaufsichtigung der internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen, April 2009, und
- der "Deklaration von Buenos Aires", Oktober 2010,
1. Wir, die Mitwirkenden der Kampagne für die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen (United Nations Parliamentary Assembly, UNPA), erneuern unseren gemeinsamen Aufruf, gerichtet an die UNO und ihre Mitgliedsstaaten, die notwendigen Prozesse für die Einrichtung einer UNPA voranzutreiben.
2. Wir bringen unsere Sorge darüber zum Ausdruck, dass auf zwischenstaatlicher Ebene bisher keine adäquaten Maßnahmen getroffen wurden, um das Demokratiedefizit der Global Governance und insbesondere das der UNO zu vermindern.
3. Wir bekräftigen unsere Ansicht, dass eine UNPA eine unverzichtbare Komponente ist zur Stärkung der demokratischen Teilhabe in und der demokratischen Legitimität von der Organisation der Vereinten Nationen als auch anderer zwischenstaatlicher Organisationen wie der Weltbank Gruppe, dem Internationalen Währungsfonds und der Welthandelsorganisation.
4. Eine UNPA würde es Vertretern der Bürgerinnen und Bürgern, das heißt gewählten Parlamentariern, ermöglichen, in einer formalisierten und institutionalisierten Weise direkt in globale politische Beratungen, Themensetzungen und Entscheidungsfindungen einbezogen zu sein.
5. Globale Herausforderungen machen globale Lösungen erforderlich. Das tägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger der Welt ist immer stärker beeinflusst durch ökonomische, soziale und politische Kräfte, die nationale Grenzen überschreiten und einen wachsenden Bedarf für inklusivere, effektivere und transparentere Global Governance demonstrieren.
6. Die Universalität der Menschenrechte und die Notwendigkeit einer demokratischen Basis für legitimiertes Regieren sind weithin anerkannt. Trotzdem werden viel zu vielen Menschen ihre Menschenrechte und demokratische Teilhabe verweigert. Wir sind davon überzeugt, dass eine UNPA als ein globales demokratisches Organ gewählter Repräsentanten demokratisches Regieren und die Einhaltung der Menschenrechte regional, national und lokal fördern würde. Umgekehrt glauben wir, dass die Nichtberücksichtigung demokratischer Prinzipien und Teilhabemöglichkeiten in der Global Governance die Demokratie auf der regionalen, nationalen und lokalen Ebene unterminiert.
7. Wir betonen unsere Überzeugung, dass eine UNPA inklusiv und offen sein muss für Parlamentarier aller UN-Mitgliedsstaaten sowie für Staaten mit beobachtenden Status bei den UN. Wir erkennen an, dass die Gewährleistung des demokratischen Charakters einer UNPA eine Herausforderung darstellt. Wir sind davon überzeugt, dass diese Herausforderung überwunden werden kann und dass mit politischem Willen eine UNPA in solch einer Weise konstruiert werden kann, dass diese sowohl repräsentativ als auch legitimiert ist.
8. Wir begrüßen die Entscheidung des UNO-Menschenrechtsrats zur Erteilung eines Mandates zur Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung an einen unabhängigen Experten. Wir ermutigen den unabhängigen Experten, der Frage einer UNPA weiterhin nachzugehen und insbesondere mögliche Prozesse zu ihrer Etablierung zu untersuchen.
9. Wir begrüßen die aktuellen und laufenden, breit angelegten Konsultationen zwischen einer Vielzahl von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, um einen globalen Konsens über eine Post-2015-Entwicklungsagenda zu finden. Wir fühlen uns dadurch ermutigt, dass diese Konsultationen (1) die Bedeutung eines rechtebasierten Ansatzes zur nachhaltigen Entwicklung und (2) die Notwendigkeit eines umfassenden globalen Ansatzes zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit in allen Ländern betonen.
10. Die hochrangige UN-Arbeitsgruppe herausragender Persönlichkeiten zur Post-2015-Entwicklungsagenda hat vor kurzem darauf hingewiesen, dass zur Erreichung der Post-2015 Vision "umgestaltete und wiederbelebte Global-Governance-Partnerschaften" benötigt werden, um sicherzustellen, dass "die Vereinten Nationen, multilaterale Systeme und alle Akteure der Entwicklungszusammenarbeit die Post-2015-Entwicklungsagenda effektiv unterstützen." Wir stellen fest, dass die Aufrechterhaltung eines Multi-Stakeholder-Konsenses über gemeinsame globale Ziele eine der wichtigsten Funktionen ist, die eine UNPA nach unserer Erwartung erfüllen würde.
11. Um politische Unterstützung zu erhalten, um die Rechenschaftspflicht zu stärken und um die Global Governance im Rahmen der Erfüllung der Post-2015-Entwicklungsziele näher zu den Menschen zu bringen, deren Leben direkt von ihr beeinflusst werden, schlagen wir vor, dass zeitgleich mit der Verabschiedung der Post-2015-Entwicklungsagenda durch die internationale Gemeinschaft eine Parlamentarische Versammlung bei den Vereinten Nationen eingerichtet wird.
12. Eine UNPA ist ein globales parlamentarisches Organ, das unverwechselbare innovative Funktionen einschließt, die über die Eigenschaften der bestehenden nationalen und regionalen Parlamente und Versammlungen hinausgehen. Agierend als institutionalisiertes "Netzwerk der Netzwerke" könnte eine UNPA es den Vertretern bestehender parlamentarischer Netzwerke und Institutionen ermöglichen, an ihren Tätigkeiten teilzunehmen, wodurch diesen zu einer größeren Reichweite und mehr Einfluss verholfen würde. Es sollte darüber hinaus die Möglichkeit zur Beteiligung von Städten und Kommunen sowie von Vertretern indigener Völker und Nationen in den Aktivitäten einer UNPA in Betracht gezogen werden.
13. Wir bekräftigen, dass sich eine UNPA graduell entwickeln kann und sollte. Schlussendlich sollten die Mitglieder der UNPA direkt gewählt werden. Von Beginn an sollten die Statuten der UNPA es den teilnehmenden Staaten erlauben, sich für Direktwahlen der Abgeordneten zu entscheiden, so sie dies möchten.
14. Mit dem Ziel, innovative Formen der Bürgerbeteiligung in einer UNPA zu erkunden, könnte die Implementierung von Modellen elektronischer direkter Demokratie oder der "Liquid Democracy" untersucht werden, um es den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, an Beratungen teilzunehmen oder Entscheidungsfindungsprozesse zu beeinflussen.
15. Wir gratulieren dem Europäischen Parlament zu seiner Vorreiterrolle in der Forderung zur Einrichtung einer UNPA, die auf Resolution A3-0331/93 aus dem Jahr 1994 zurückgeht und zuletzt in Resolution 0255 P7_TA von 2011 zum Ausdruck gebracht wurde, als das Parlament den Rat der EU aufforderte, den Vorschlag einer UNPA bei der UN-Generalversammlung einzubringen.
16. Wir fordern das Europäische Parlament und seine Mitglieder sowie alle anderen Parlamente und ihre Mitglieder dazu auf, ihr Engagement für demokratischere Global Governance durch eine fortgesetzte Unterstützung einer UNPA zu verstärken.