Eine Welt, ein Parlament: "General Assembly" in Berlin will allen Lobbylosen Gehör verschaffen

6. November 2017

Entwurf eines Weltparlaments tagte vom 3. bis 5. November an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz mit rund 60 Delegierten / Kunstprojekt will „Leerstelle“ füllen

„Trotz weltweiter ökonomischer und politischer Verwicklungen existieren auf globaler Ebene weder wirkungsvolle rechtliche Institutionen noch ausreichende demokratische Strukturen, die den Weltmarkt hinreichend regulieren, völkerrechtliche Verstöße verfolgen, Menschenrechte durchsetzen oder ökologische Entwicklungen in sinnvolle Bahnen leiten könnten“, erklärte der aus der Schweiz stammende Regisseur Milo Rau bei der Eröffnung der von ihm und seinem Team organisierten „General Assembly“ am vergangenen Freitag in Berlin.

Milo Rau bei der Eröffnungssitzung der "General Assembly"

Die als „erstes Weltparlament der Menschheitsgeschichte“ angekündigte Versammlung soll nach Milo Rau eine globale „Leerstelle“ füllen und allen Gehör verschaffen, die von politischen Entscheidungen betroffen sind, jedoch kein politisches Mitspracherecht haben.

Die General Assembly gebe „den Unterrepräsentierten, den Nichtgehörten, dem globalen Dritten Stand eine Stimme: den Arbeitsmigranten, Kindern und Nachgeborenen, Kriegsopfern, den Textil- und Minenarbeitern, den Kleinbauern, den Wirtschafts- und Klimaflüchtlingen, den Opfern des sich anbahnenden Ökozids, den Weltmeeren, der Atmosphäre, den Nutztieren und Bäumen“.

In seiner Eröffnungsrede bezog sich Rau auf die französische Revolution und die Konstituierung der Nationalversammlung durch den Dritten Stand im Jahr 1789.

Eine Charta für das 21. Jahrhundert

Im vollbesetzten Saal der Schaubühne am Lehniner Platz tagten rund 60 Delegierte zweieinhalb Tage lang, um sich darüber auszutauschen „wo wir als Weltgemeinschaft stehen und was zu tun ist – sozial, ökologisch, technologisch, politisch.“

In den fünf Plenarsitzungen ging es um die Durchsetzung von Menschenrechten, Militärinterventionen, die Regulierung der globalen Wirtschaft, Migration und Grenzregime sowie um kulturelle und natürliche Gemeingüter

Zum Abschluss soll am 7. November bei einem „Sturm auf den Reichstag“ eine Charta für das 21. Jahrhundert vorgestellt werden. Die Forderungen der Charta richten sich insbesondere an den im September neu gewählten Deutschen Bundestag.

In einer Rede bei der Eröffnungssitzung forderte der Vertreter der internationalen Kampagne für ein Parlament bei der UNO (UNPA), Andreas Bummel, die Einrichtung eines „von allen Weltbürgerinnen und Weltbürgern demokratisch gewählten Weltparlaments“, das die Kompetenz haben müsse, „verbindliche Entscheidungen über Menschheitsfragen zu fällen.“

Die "General Assembly" wurde vom International Institute of Political Murder (IIPM) zusammen mit der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin produziert. Gefördert wurde das Projekt durch die Kulturstiftung des Bundes, die Berliner Senatsverwaltung und durch die Bundeszentrale für politische Bildung.

Als wichtigste Unterstützer werden das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Medico International, die Rosa Luxemburg Stiftung sowie Brot für die Welt angeführt. Zu den zahlreichen anderen Unterstützern des Projekts gehörte Democracy Without Borders, der Trägerverein der UNPA-Kampagne.

Die Versammlung wurde live in fünf Theater in Paris, Gent, Brüssel, Hamburg und München übertragen. In deutschsprachigen Medien erschienen zahlreiche Berichte, etwa beim Deutschlandfunk, der Berliner Zeitung, der Luzerner Zeitung, SWR2 oder bei Spiegel-Online.

Bilder: Schaubühne

Mehr Informationen

Website der General Assembly

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