Nationalversammlung der Seychellen unterstützt Vorschlag für gewählte UN-Kammer
Im Oktober 2009 hat die aus 33 Mitgliedern bestehende Nationalversammlung der Seychellen einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der empfohlen wird, dass sich die Regierung der Seychellen für die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen einsetzen soll. Das Parlament des aus 115 Inseln bestehenden Archipels im Indischen Ozean, das rund 84.000 Einwohner hat, gehört zu den ersten in der Welt, die sich für die Schaffung eines gewählten globalen Gremiums ausgesprochen haben. Aus diesem Anlass haben wir mit Waven William, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Internationale Angelegenheiten, gesprochen.
Befürworter einer globalen parlamentarischen Versammlung behaupten oft, dass es ein Demokratiedefizit in der gegenwärtigen Global Governance gibt. Wie stellt sich dieses Defizit aus Ihrer Sicht dar?
Waven William bei einer Veranstaltung in Brüssel im Juli 2008 |
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Es werden zu viele globale Entscheidungen getroffen, die eine wesentliche Auswirkung auf die Bewohner unseres Planeten Erde haben, sei es im positiven oder negativen Sinne, obwohl den Ansichten dieser Menschen keine Chance gegeben wurde, gehört zu werden. Diejenigen, die über den nötigen finanziellen und wirtschaftlichen Einfluss verfügen, können die internationale Politik zum Nachteil der Schwächeren in ihrem Sinne diktieren. Partnerschaftsabkommen, die in solchen Konstellationen unterzeichnet werden, dienen nicht dem gegenseitigen Vorteil, sondern vielmehr dem Zweck, die Interessen derjenigen zu schützen, die ohnehin schon eine vorteilhafte Position haben.
Inwiefern könnte eine Parlamentarische Versammlung bei der UNO dazu beitragen, die Situation zu verbessern?
Wenn sie einmal eingerichtet ist, könnten gewählte Vertreter von allen Ländern der Welt sicherstellen, dass Entscheidungen und zu treffende Maßnahmen ausbalanciert und fair sind und dem Wohlergehen aller dienen. Die Versammlung würde es möglich machen, dass die Stimme der Bürger gehört wird. Das würde dabei helfen, ein Bewußtsein für bestimmte Fragen zu schaffen, über die man nachdenken muss, damit es tatsächlich zu Verbesserungen und Veränderungen kommt.
In der UN-Generalversammlung haben aller Länder eine Stimme, egal wie groß oder klein sie sind. Um das auszugleichen, ist vorgeschlagen worden, dass die Anzahl der gewählten Vertreter pro Land in einer Parlamentarischen Versammlung an der jeweiligen Bevölkerungszahl ausgerichtet werden könnte, wobei kleinere Länder eine Mindestanzahl bekommen könnten, damit sie überhaupt vertreten sind. Denken Sie, dass so ein Modell für einen kleinen Inselstaat wie die Seychellen trotzdem vorteilhaft wäre?
Ja, das wäre es. Mein Vorschlag ist allerdings, dass innerhalb der Gruppe der Kleinstaaten eine Rotation der Vertretung stattfindet, damit der ganze Prozess so demokratisch wie nur möglich gestaltet werden kann.
Die Leiter der Delegationen des Europäischen Parlaments und des Pan-Afrikanischen Parlaments zur Klimakonferenz in Kopenhagen haben ein Statement veröffentlicht, in dem sie sagen, dass eine Parlamentarische Versammlung der UNO ihrer Ansicht nach entscheidend dafür wäre, um die Entscheidungsprozesse der UNO zu erneuern. Könnten Sie sich vorstellen, dass die Klimaverhandlungen erfolgreicher wären, wenn ein globales Parlament involviert wäre?
Absolut. Da ein globales Parlament das Ziel dieser laufenden Kampagne ist, sollten wir diesen wichtigen Effekt stärkerer Partizipation und Repräsentation der Menschen dieses Planeten nicht aus dem Auge verlieren.
Wie stark spüren Sie bereits die Auswirkungen des Klimawandels auf den Seychellen?
Sie werden greifbarer und bedrohlicher. Das Konsumverhalten in der Welt, beispielsweise im Hinblick auf die Energienutzung, führt zu grenzüberschreitenden ökologischen Veränderungen, welche die Welt unter Druck setzen und diejenigen, die das höchstwahrscheinlich am heftigsten abkriegen werden, sind die kleinen Inselstaaten. Der Anstieg des Meeresspiegels findet statt. Die Erosion von Küsten, Flüssen und Sumpfgebieten wird immer stärker sichtbar. Korallenbleiche ist ein weiteres Phänomen, das immer sichtbarer wird. Der Temperaturanstieg verursacht schädliche Effekte für Mensch und Tier und führt zu drastischen Veränderungen in ihren Lebensräumen. Alles in allem haben diese Veränderungen zusätzlich auch eine unvorhergesehene ökonomische Wirkung auf unser Land. Unsere Fähigkeit wird unterminiert, Belastungen nachhaltig standhalten zu können, da immer mehr Investitionen in Schadensminderung und Anpassungsprojekte erforderlich sind.
Teilt die Regierung die Auffassung der Nationalversammlung, dass eine Parlamentarische Versammlung bei der UNO gebraucht wird?
Sie ist der Auffassung, dass dies jetzt vielleicht den Weg nach vorne weist, um die Interessen der Menschen dieses Planeten zu sichern. Probleme, an die dabei gedacht werden könnte, sind zum Beispiel die gleichmäßigere Verteilung des Wohlstands, Armutsreduzierung und die globale Integration der Märkte.
Welche Pläne haben Sie jetzt, nachdem sie die Resolution verabschiedet haben?
Wir beabsichtigen, genau zu verfolgen, welche Positionen sich jetzt in aller Welt und auf der globalen Ebene manifestieren. Wir wollen andere dazu ermutigen, sich der Kampagne ebenfalls anzuschließen und die Regierung dazu bringen, innerhalb der UNO eine viel stärkere Rolle zu spielen, insbesondere dass sie versucht, andere Regierungen davon zu überzeugen, sich mit der Einrichtung dieses wichtigen Aufsichtsgremiums bei der UNO zu befassen.