IPU-Kommission lehnt Idee einer Parlamentarischen Versammlung ab

1. April 2010

Im Vorfeld der dritten Weltkonferenz der Parlamentssprecher, die von der Inter-Parlamentarischen Union (IPU) organisiert wird und vom 19. bis 21. Juli in Genf stattfinden soll, hat ein Vorbereitungskomitee der Vereinigung klar gemacht, dass es die Idee einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen (UNPA) ablehnt. Dokumente, die für die 122. Jahrestagung der IPU vom 27. März bis 1. April in Bangkok, Thailand, vorbereitet und von der IPU veröffentlicht wurden, enthalten Entscheidungen, die bei einem Vorbereitungstreffen im November 2009 in New York getroffen wurden. "Das Komitee lehnt die Etablierung einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen ab, da sie die Auffassung hat, dass dies mit der Strategie für parlamentarische Interaktion mit den Vereinten Nationen inkompatibel ist", heisst es im Protokoll.

Prof. Daniele Archibugi, Forschungsdirektor beim nationalen, italienischen Forschungsrat und Berater der Europäischen Union, der OECD und verschiedener UN-Agenturen, kommentierte: "Ich bin immer wieder überrascht zu sehen, dass sich die Inter-Parlamentarische Union der Idee eines Weltparlaments so sehr widersetzt." Archibugi wies darauf hin, dass es "rund 40 internationale Organisationen gibt, die bereits eine parlamentarische Versammlung haben, bloss die allerwichtigste von allen, nämlich die UNO, hat keine."

Ein Vertreter des Sekretariats der Kampagne für ein Parlament bei der UNO sagte, dass die Ablehnung innerhalb der IPU "bedauerlich" sei. Er wies allerdings darauf hin, dass die im November vom Komitee zum Ausdruck gebrachte Meinung in der IPU nicht hundertprozentig geteilt werde: "In der Vergangenheit haben zum Beispiel die Parlamentssprecher von Uganda und Kenia eine andere Auffassung vertreten."

Mitglieder der IPU bringen häufig vor, dass die "parlamentarische Dimension" der UNO bereits von der IPU organisiert werde. Befürworter der Idee einer UNPA vertreten dagegen die Sichtweise, dass "die vorgeschlagene UNPA und die IPU komplementäre Institutionen" wären und dass eine UNPA "eine Antwort auf das demokratische Defizit in der Global Governance darstellen [würde], wie sie von der IPU in ihrer gegenwärtigen Struktur nicht angeboten werden kann."

Nach Ansicht von Prof. Uwe Holtz, der über 20 Jahre lang Mitglied des Deutschen Bundestages und lange Zeit Mitglied deutscher IPU-Delegationen war,  "wirbt [die Kampagne] aus guten Gründen für eine parlamentarische Versammlung bei den VN. Unterschiedliche Wege zu ihrer Realisierung sind denkbar. Die Interparlamentarische Union könnte eine wichtige Plattform dafür bilden."

Dr. Claudia Kissling, eine Expertin des Komitees für eine demokratische UNO, eine Denkfabrik in Berlin, die sich auf "parlamentarische Repräsentation in globalen Institutionen" spezialisiert hat, stimmte zu, dass die IPU ein Startpunkt für die Entwicklung einer UNPA sein könne. Sie fügte allerdings hinzu, dass "es derzeit bedauerlicherweise keine Zeichen dafür gibt, dass dies in naher Zukunft passieren wird. Folglich muss eine parallele Strategie verfolgt werden, die auf der einen Seite konsequent die Etablierung einer UNPA vorantreibt und auf der anderen nicht mit der gegenwärtigen Rolle der IPU in Konflikt gerät."

In einer im Oktober 2007 vom Pan-Afrikanischen Parlament verabschiedeten Resolution hatte das parlamentarische Organ der Afrikanischen Union zur Etablierung einer Parlamentarischen Versammlung bei der UNO aufgerufen und festgestellt, dass dies "in keiner Weise die wertvolle und hochgeschätzte Arbeit der Inter-Parlamentarischen Union" widerspreche.

Die IPU ist ein Dachverband von 151 nationalen Parlamenten. Präsident ist zur Zeit der Sprecher der Nationalversammlung vno Namibia, Dr. Theo-Ben Gurirab.

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