EU-Parlament: Rat soll sich für parlamentarische Beteiligung in UN einsetzen

2. April 2010

Das Europäische Parlament hat den Rat der EU aufgefordert, während der 65. UN-Generalversammlung, die im September beginnen wird, stärkere parlamentarische Beteiligung in den Vereinten Nationen anzusprechen. Eine Reihe von Empfehlungen, die vom Parlament am 25. März in Brüssel verabschiedet wurden, enthält einen Absatz, in dem der Rat aufgerufen wird, "eine stärkere Beteiligung nationaler und transnationaler Parlamente an VN-Aktivitäten mit dem Ziel zu fördern, den demokratischen Charakter der Vereinten Nationen sowie ihre Programme und ihre Organisationen zu stärken und diesbezügliche Initiativen der Zivilgesellschaft und parlamentarische Initiativen zu unterstützen.“

UN-Berichterstatter Alexander Graf Lambsdorff MdEP
Bild: EP

Der UN-Berichterstatter des Europäischen Parlaments, der deutsche Liberale Alexander Graf Lambsdorff MdEP, sagte in einem Interview, dass das Parlament anders als in vielen anderen Politikbereichen in der Außenpolitik kein Gesetzgeber sei. Trotzdem hofft er, "dass einige unserer Empfehlungen in die Ratspositionen einfließen."

Die Empfehlung, parlamentarische Beteiligung in den UN zu stärken, rief unter Unterstützern der Kampagne für ein Parlament bei der UNO gemischte Gefühle hervor. "Seit 1994 hat das Europäische Parlament die Etablierung eines parlamentarischen Organs bei den UN unterstützt. Die Gelegenheit, darauf Bezug zu nehmen, wurde jetzt leider nicht genutzt. Die Resolution spricht lediglich von der Beteiligung nationaler und transnationaler Parlamente. Viele sehen das als eine rückschrittliche und verwässerte Haltung an", sagte Andreas Bummel, der Leiter des Sekretariats der Kampagne.

Bezugnahme auf UNPA in Kommission verworfen

Jo Leinen MdEP
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Die Komission für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments (AFET) hatte sich im Vorfeld darauf geeinigt, eine unterstützende Bezugnahme auf eine Parlamentarische Versammlung bei der UNO (UNPA) zu verwerfen. Der Europaabgeordnete Jo Leinen hatte für die Sozialistische Gruppe einen Änderungsantrag eingebracht, durch den die langjährige Unterstützung des Parlaments für eine UNPA betont worden wäre. Der Antrag wurde jedoch durch einen Kompromiss ersetzt, der diese Bezugnahme auf eine UNPA nicht mehr enthielt. Eine Abstimmung darüber fand nicht statt.

Der Berichterstatter, Graf Lambsdorff, erläuterte, dass der Kompromiss von den Liberalen, den Grünen, den Konservativen und den Sozialisten gleichermaßen akzeptiert worden sei. Mit Hinweis auf die Opposition der Inter-Parlamentarischen Union gegen eine UNPA sagt er, dass der Kompromiss daraus bestand, "weder das Argument der Befürworter noch der Gegner zu erwähnen". Nach Lambsdorff wurde im Parlament "noch keine gemeinsame, einheitliche Linie festgelegt".

Die Koordinatorin der Grünen in der Kommission, die österreichische Abgeordnete Ulrike Lunacek MdEP, kommentierte dass "es zwei Optionen für eine bessere Beteiligung der Parlamente an der UN-Organisation gibt: Eine UN Parliamentary Assembly als ganz neues Gebilde oder aber den Ausbau und die Verbesserung der Inter-Parliamentary Union". Ihrer Ansicht nach lässt der Kompromiss "die Möglichkeit für beides offen".

MdEPs und Europäische Föderalisten bekräftigen Unterstützung

Trotz des Kompromisses im Auswärtigen Ausschuss haben einflussreiche Europaabgeordnete ihre Unterstützung für eine UNPA bestätigt. Nach seiner Position befragt, sagte der außenpolitische Sprecher der Konservativen, Elmar Brok MdEP aus Deutschland, dass er "die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung in den Vereinten Nationen" unterstütze, "da gerade auf der internationalen Ebene mehr Transparenz und Demokratie vonnöten sind".

UEF-Präsident Andrew Duff MdEP
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Der Präsident der Union Europäischer Föderalisten (UEF) und liberaler Europaabgeordneter aus England, Andrew Duff, plant nun, die Sache voranzutreiben. "Ich hoffe sehr, dass das Parlament übereinkommen wird, ein unterstützendes Statement für die Einrichtung einer UNPA in seine endgültige Resolution zur bevorstehenden 65. Tagung der UN-Generalversammlung einzubauen. Ich und andere werden einen entsprechenden Antrag stellen, wenn die Sache ins Plenum kommt", so Duff. "Es wäre ein trauriger Tag, wenn es dem Europäischen Parlament an der nötigen Ambition mangeln würde, um Europas eigene Erfahrung mit transnationaler Demokratie auf die Weltebene zu übertragen. Europa sollte beim Thema demokratischer globaler Weltordnungspolitik die Führung übernehmen.”

In einem Statement, das von den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF-Europe) herausgegeben wurde, beklagt die supranationale Jugendbewegung "die überaus bedauerliche Entscheidung des AFET-Komitees des Europäischen Parlaments, die früheren positiven Aussagen und Positionen des EP zu einer Parlamentarischen Versammlung bei der UNO nicht zu bestätigen". JEF-Europe unterstütze "die Einführung stärkerer parlamentarischer Demokratie in das UN-System". Als "einflussreichstes supranationales und demokratisch gewähltes Organ" der Welt solle das Europäische Parlament an der Spitze stehen, wenn es darum gehe, sich für die Idee eines Weltparlaments einzusetzen. "Eine UNPA kann ein kleiner, aber wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein. JEF-Europe hofft, dass das Europäische Parlament seine Position noch einmal überdenken und alles dafür tun wird, um eine demokratische globale Weltordnungspolitik zu erreichen", so das Statement abschließend.

Lucio Levi, ein Professor für Politikwissenschaft an der Universität von Turin in Italien und Mitglied des Federal Committee der UEF, drückte seine Enttäuschung über den Kompromiss in der AFET-Kommission aus. "Wir sind eigentlich daran gewöhnt, das EP als ein Labor für internationale Demokratie zu sehen und zwar nicht nur als ein Modell, sondern auch als ein Motor für die Verbreitung des Experiments grenzüberschreitender Demokratie. Aber jetzt scheint das EP die Gelegenheit verpasst zu haben, den Weg zu einer demokratischen Reform der UNO aufzuzeigen, nämlich der gleiche Weg, den die EU auf kontinentaler Ebene genommen hat", so Levi.

IPU und UNPA "komplementär"

Nach Einschätzung von Experten der Kampagne für ein UN-Parlament wäre das neue Gremium und die Inter-Parlamentarische Union "komplementär". "Unserer Ansicht nach widersprechen sich eine Stärkung der Inter-Parlamentarischen Union und die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei der UNO nicht unbedingt", so Bummel.

Obiges Bild: Vaclav Havel spricht im Plenum des EP, November 2009. Havel unterstützt die Idee eines Weltparlaments. (Bild: EP)

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