Experte: UN muss Demokratiedefizit angehen und Bürger besser einbeziehen

26. April 2014

Vorsitzender des internationalen Forschungsprojekts zum Erdsystem spricht bei interaktivem Dialog der UN-Generalversammlung, unterstützt Vorschlag einer Parlamentarischen Versammlung bei der UNO

Bei einem von der UN-Generalversammlung in New York durchgeführten interaktivem Dialog anlässlich des "Tages der Erde" am 22. April hat der

Professor Biermann spricht vor der UN-Generalversammlung
Bild: UN

Vorsitzende des internationalen Earth System Governance Project, Frank Biermann, die internationale Staatengemeinschaft aufgefordert, "einen Prozess ernsthafter Reformen internationaler Governance und Institutionen" durchzuführen, um "neue Formen des Mulitlateralismus" zu erreichen. Der Politikwissenschaftler hob hervor, dass die Menschheit es mit "einer fundamentalen Transformation von Kernelementen des gesamten Erdsystems" zu tun habe und dass die existierenden internationalen Mechanismen nicht ausreichend effektiv seien, um dieser Herausforderung zu begegnen.

Entscheidungsfindung, Rechenschaftsplicht und Fairness müssen verbessert werden

Nach Biermann legen die vom Erdsystem-Netzwerk gesichteten Forschungen nahe, dass "die Entscheidungsregeln in multilateralen Verhandlungen und im UN-System weitgehend veraltet sind. Sie sind nicht effektiv und im allgemeinen nicht fair", sagte er. Statt per Konsens solle per Mehrheit abgestimmt und Entscheidungen so beschleunigt werden. "Wir könnten über verschiedene Abstimmungsverfahren und -mehrheiten für unterschiedliche Gebiete nachdenken. Möglich sind multiple, komplexe, kombinierte und geschichtete Mehrheiten. Und sicher müssen wir institutionelle Garantien klar definieren, die kleinere Länder schützen", schlug der Professor vor.

Mit Blick auf ein "demokratisches Defizit" der UN, das in "vielen Teilen der Welt" wahrgenommen werde, sagte der Wissenschaftler, dass "wenn wir die Vereinten Nationen stärken wollen, um so dem übergeordneten Ziel planetarer Verantwortung näher zu kommen, dann müssen wir uns mit diesem potentiellen Mangel an Vertrauen und Verständnis in der Bevölkerung beschäftigen".

Als Beispiele zur besseren Einbeziehung "der Stimme der Bürger in UN-Verfahren", die akademisch diskutiert werden, führte er "globale deliberative Versammlungen von Bürgern aller Länder und Regionen", eine "Parlamentarische Versammlung als eine Zweite Kammer im UN-System, die direkte Vertreter der Bürger einschließt", sowie eine Aufwertung der Major Groups im UN-System "durch ein Forum zivilgesellschaftlicher Organisationen" an.

Schließlich äußerte Biermann Sorge über die Ungleichverteilung des Wohlstands in der Welt. "Es gibt keinen Zweifel darüber, dass Gerechtigkeit und Fairness der Kern eines dauerhaften internationalen Rahmens nachhaltiger Entwicklung darstellen müssen", sagte er.

Weitgehende Vorschläge wie der einer UN-Parlamentarierversammlung sind notwendig

Nach der Präsentation kommentierte Biermann gegenüber der internationalen Kampagne für ein Parlament bei der UNO, dass er persönlich die "generelle Idee einer Parlamentarischen Versammlung im UN-System" unterstütze, "weil es eine dringende Notwendigkeit gibt, Bedenken bezüglich der Legitimität und der Verantwortbarkeit globaler Institutionen anzugehen, wie ich es in meiner Rede vor der UN-Generalversammlung erläutert habe".

Darüber hinaus hob er hervor, dass die Unterstützung für den UNPA-Vorschlag wachse. "Ich hoffe, dass es das Interesse unter politischen Entscheidern steigert, wenn das Thema in Gremien wie der UN-Generalversammlung aufgebracht wird. Schrittweise Reformen des UN-Systems werden nicht ausreichen, um mit den Problemen des 21. Jahrhunderts und dem Demokratiedefizit auf der globalen Ebene umzugehen. Mutiges Denken und kühne Vorschläge wie der für eine Parlamentarische Versammlung bei den Vereinten Nationen oder Vorschläge für Mehrheitsentscheidungen in der UNO, die ich ebenfalls in meiner Rede erwähnt habe, sind erforderlich, um zu transformativen Veränderungen zu inspirieren und diese in Gang zu setzen", so Biermann.

UN-Webcast des interaktiven Dialogs

Vollständige Rede von Professor Biermann

Mehr lesen

28. November 2012: Interview with Frank Biermann: 19th century global governance not fit to tackle climate change

22. April 2012: Globales Parlament ist Thema bei Konferenz über Steuerung des Erdsystems

Oberes Bild: Das Podium während des interaktiven Dialogs, Screenshot vom Webcast, Quelle: UN

«
»